Notfallbehandlung als Vehikel zur begehrten DRG: Klagewelle vor dem Sozialgericht Bremen

Gegen­wär­tig beschäf­tigt uns eine unge­wöhn­li­che Kla­ge­wel­le zur Fra­ge der Not­fall­be­hand­lung. Ein Kran­ken­haus­trä­ger klagt im gro­ßen Stil vor dem Sozi­al­ge­richt Bre­men For­de­run­gen aus angeb­li­chen Not­fall­be­hand­lun­gen ein. Für die abge­rech­ne­ten Fall­pau­scha­len fehl­te dem Kran­ken­haus jedoch der Ver­sor­gungs­auf­trag nach dem Kran­ken­haus­plan in Bre­men. So stellt sich die Rechts­la­ge jeden­falls gegen­wär­tig dar. Hier­über wur­den näm­lich bereits Rechts­strei­te vor der Ver­wal­tungs­ge­richts­bar­keit geführt (zu einer der Ent­schei­dun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts Bre­men). Die Streit­fäl­le betref­fen ins­be­son­de­re Fall­grup­pen aus der Ger­ia­trie (ger­ia­tri­sche früh­re­he­bi­li­ta­ti­ve Kom­plex­be­hand­lun­gen), der Kar­dio­chir­ur­gie und der Kardiologie.

Eine Notfallbehandlung kann im Ausnahmefall zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung außerhalb des Versorgungsauftrages durchgeführt werden
Eine Not­fall­be­hand­lung kann im Aus­nah­me­fall zulas­ten der Gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung außer­halb des Ver­sor­gungs­auf­tra­ges durch­ge­führt wer­den. Wann eine sol­che Not­fall­be­hand­lung vor­liegt, ist recht­lich jedoch umstrit­ten und gegen­wär­tig in einer Kla­ge­wel­le vor dem Sozi­al­ge­richt Bre­men im Streit.

Versorgungsauftrag für die Abrechenbarkeit von Krankenhausleistungen gegenüber der GKV maßgeblich

Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Bun­des­so­zi­al­ge­richts ist der Ver­sor­gungs­auf­trag des Kran­ken­hau­ses maß­geb­lich dafür, Kran­ken­haus­leis­tun­gen gegen­über der GKV abzu­rech­nen. Eine Abrech­nung von Leis­tun­gen außer­halb die­ses Auf­tra­ges kommt grund­sätz­lich nicht in Betracht. Eine Aus­nah­me kann bei der Nofall­be­hand­lung von Ver­si­cher­ten vor­lie­gen. Zur Fra­ge, wann eine Not­fall­be­hand­lung im Sin­ne des SGB V vor­liegt, hat­te sich bereits das Lan­des­so­zi­al­ge­richt Nie­der­sach­sen-Bre­men geäu­ßert. Auch das Bun­des­so­zi­al­ge­richt hat Kon­kre­ti­sie­run­gen des Not­fall­be­griffs im Sin­ne des SGB V vorgenommen.

Der Ver­sor­gungs­auf­trag folgt aus dem Kran­ken­haus­plan. Der Plan­ge­ber des jewei­li­gen Bun­des­lan­des legt mit dem Kran­ken­haus­plan ver­bind­lich fest, wel­ches Kran­ken­haus wel­che Leis­tun­gen erbrin­gen darf. Der Kran­ken­haus­plan erfüllt damit nicht nur eine pla­ne­ri­sche Auf­ga­be, son­dern weist auch eine Ord­nungs­funk­ti­on auf.

Notfallbehandlung im Sinne des SGB V ist restriktiv zu verstehen

Vor die­sem Hin­ter­grund ist die Aus­nah­me einer Not­fall­be­hand­lung im Sin­ne des SGB V restrik­tiv zu ver­ste­hen. Dies hat auch die frü­he­re Recht­spre­chung her­aus­ge­stellt. Die Annah­me eines Not­falls darf nicht dazu füh­ren, die Vor­ga­ben des Kran­ken­haus­pla­nes in Lee­re gehen zu las­sen. Ansons­ten wür­den des­sen Pla­nungs- und Ord­nungs­funk­ti­on ad absur­dum geführt. So kom­men ent­spre­chen­de Urtei­le stets zum Ergeb­nis, dass nicht nur eine sofor­ti­ge medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung not­wen­dig sein muss. Es kommt auch ein zeit­li­ches Kri­te­ri­um hin­zu. Ein zuge­las­se­ner leis­tungs­fä­hi­ger und leis­tungs­be­rei­ter Behand­ler darf gera­de nicht recht­zei­tig erreich­bar sein.

Auf der indi­vi­du­el­len Fal­l­e­be­ne erscheint dies viel­fach frag­lich: So spricht ins­be­son­de­re die Kran­ken­haus­struk­tur in einer Groß­stadt bereits vom Anschein her dage­gen, dass ein zuge­las­se­nes Plan­kran­ken­haus uner­reich­bar ist. Gera­de bei vor­aus­ge­gan­ge­ner Ret­tungs­dienst­fahrt ist dies kaum plau­si­bel. Aber auch aus den Dia­gno­sen, der Ver­weil­dau­er und den durch­ge­führ­ten Pro­ze­du­ren kann es frag­lich sein, dass aus­ge­rech­net die kon­kre­te Behand­lung kei­nen Auf­schub mehr gedul­det haben soll.

Auf­fäl­lig ist auch, dass hier tat­säch­lich eine sehr gro­ße Zahl von Fäl­len über alle Kran­ken­kas­sen hin­weg betrof­fen ist. Ein struk­tu­rel­ler Man­gel in der Bre­mer Kran­ken­haus­land­schaft, der dazu füh­ren wür­de, dass regel­haft bestimm­te Not­fäl­le nicht in erreich­ba­re Plan­kran­ken­häu­ser auf­ge­nom­men wer­den kön­nen, ist jedoch nicht ersicht­lich. Daher wirft bereits die ent­stan­de­ne Kla­ge­flut Zwei­fel auf. Geht es es wirk­lich um die Aus­ein­an­der­set­zung über die Ver­gü­tung einer Not­fall­be­hand­lung im Einzelfall?

Sozialgericht Bremen sieht sich der Bewältigung einer Vielzahl von Klagen gegenüber

Das Sozi­al­ge­richt Bre­men sieht sich vor die­sem Hin­ter­grund einer Viel­zahl von Kla­gen gegen­über, so dass es inter­es­sant sein wird, wie sich die befass­ten Kam­mern zu den auf­ge­wor­fe­nen Fra­gen äußern wer­den. Die bes­se­ren Argu­men­te spre­chen in die­sen Ver­fah­ren viel­fach für die Kran­ken­kas­sen. Soge­nann­ten „Mus­ter­ver­fah­ren“ ste­hen wir daher skep­tisch gegenüber.

Wir ver­tre­ten in den uns betref­fen­den Ver­fah­ren Kran­ken­kas­sen nach­drück­lich mit allen zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­teln und Argu­men­ten. Es darf kei­ne Situa­ti­on ein­tre­ten, in der es Kran­ken­haus­trä­gern leicht gemacht wird, an begehr­te Fall­grup­pen zu gelan­gen, obwohl hier­für kein Ver­sor­gungs­auf­trag besteht. Die Anga­be einer Not­fall­be­hand­lung darf nicht zu einem Frei­brief für ent­spre­chen­de Abrech­nun­gen werden.

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